TRAUMBERUF MUSIKGERAGOGIN

, Allgäu

Kathrin Seebacher liebt die Musik. Die 42-Jährige ist seit zwanzig Jahren als Musiklehrerin tätig. Gerade absolviert die zweifache Mutter zusätzlich einen Zertifikationskurs zur Musikgeragogin. Im Zuge dessen hält sie im Spital der AllgäuPflege in Immenstadt jede Woche eine ganz besondere Musikstunde für Menschen mit demenziellen Veränderungen und anderen körperlichen Handicaps ab. Sie erklärt, was es mit Musikgeragogik auf sich hat und berichtet von der Faszination der kleinen Erfolge.

 

Jeden Freitagmorgen steht in der Cafeteria des Spitals in Immenstadt alles im Zeichen der Musik. Dann sitzt eine Runde von 14 Damen im Alter zwischen 72 und 100 Jahren in einem Stuhlkreis beisammen. Auf dem Boden, in der Mitte des Kreises, liegt ein farbiges Tuch. Darauf befinden sich zahlreiche Musikinstrumente: Klanghölzer, Rasseln, Schellenkränze und andere Rhythmusinstrumente. Die Stunde beginnt mit einem Begrüßungslied. Darin begrüßt Kathrin Seebacher jede einzelne „ihrer“ Damen, wie sie sie liebevoll nennt, persönlich mit Namen. Manche von ihnen erwidern den Gruß, andere nicken der Musikpädagogin kaum merklich zu, einige scheinen gänzlich in einer anderen Welt versunken.

Im Lauf der folgenden Dreiviertelstunde geschieht dann mitunter Erstaunliches: Wenn gemeinsam gesungen, geklatscht und mit den oben erwähnten Orff-Instrumenten musiziert wird, tauchen sogar die ganz entrückt wirkenden Frauen bisweilen wieder aus jener Welt auf. Dies zeigt sich beispielsweise durch ein Lächeln, einen plötzlich klaren Blick, rhythmische Bewegungen zur Musik oder gar einige mitgesungene Textzeilen. „Durch Musik entsteht Kommunikation, wo sonst keine Kommunikation mehr möglich ist“, sagt Kathrin Seebacher und wenn sie über Ihre Arbeit spricht, ist ihre Begeisterung in jedem Satz greifbar. „Musik kann Brücken zu Menschen bauen, die beispielsweise durch demenzielle Veränderungen kaum mehr Anteil am alltäglichen Leben haben können. Sie ist in der Lage, diese Menschen zumindest für bestimmte Momente wieder zurück ins Bewusstsein zu holen. Aus diesem Grund liegt mir die Arbeit im Spital sehr am Herzen.“

Die sympathische Allgäuerin aus Weiler-Simmerberg ist seit vielen Jahren Musikschullehrerin für die Fächer Gitarre und Elementare Musikpraxis. Sie unterrichtet an der Musikschule Oberallgäu-Süd e.V. und erteilt darüber hinaus Musikalische Grundausbildung an den Grundschulen Oberstaufen, Immenstadt und Blaichach. Seit März 2018 absolviert sie überdies den 14-monatigen Zertifikationskurs zur Musikgeragogin. Dieser ist eine Kooperation des Verbands bayerischer Sing- und Musikschulen e.V. mit der Fachhochschule Münster und den Bayerischen Musikhochschulen. Kathrin Seebachers Motivation und Faszination für die Musikgeragogik erwuchs im Zuge eines Fortbildungskurses, der sich mit dem Thema beschäftigte. „Ich wusste: `Das ist es! Das ist genau mein Ding. Das will ich machen!´“ Die Seniorinnengruppe im Spital Immenstadt ist nun Teil ihrer Ausbildung, eine Praxisklasse, die sie „aber unbedingt auch über ihren Abschluss hinaus weiterführen möchte“, wie sie betont.

Bei der Bewerbung zum Zertifikationskurs sowie der Gründung der Gruppe erhielt sie Unterstützung durch ihren Chef Anton Hagspiel, den Leiter der Musikschule Oberallgäu-Süd e.V.; auch er ist von dem Konzept überzeugt und sieht es als großen Zugewinn für alle Beteiligten, dieses spezielle Angebot künftig vermitteln zu können. „Da im Spital jeden Monat Konzerte unserer Musikschüler und -lehrer stattfinden, konnte er den Kontakt zu den Verantwortlichen bei der AllgäuPflege herstellen. Mit meiner Idee zu der Musikgruppe rannte ich bei Einrichtungsleiter Florian Adolf und dem Leiter der Alltagsbegleitung, Hans-Jörg Greising, offene Türen ein“, freut sich Kathrin Seebacher. „Wenn ich am Freitag zu `meinen´ Seniorinnen komme, geht für mich die Sonne auf“, lächelt sie. Die Frauen sind liebeswürdig und, was mir besonders gefällt, ganz geradeheraus.“ Die Erfolge ihrer Arbeit, sagt sie, zeigen sich auf ganz vielen Ebenen: „Es ist wunderschön mitzuerleben, wie die Damen sich auf die Stunde freuen – eine von ihnen zieht jedes Mal ihr schönstes Sonntagskleid an – und wie viel Spaß und Lebensfreude ihnen die Musik gibt. Dabei ist es egal, ob sie nur zuhören, oder selbst aktiv mitmachen.“ Immer wieder erlebe sie es, dass sogar die Damen mit schwerster Demenz plötzlich ganz wach seien. „In einer der letzten Stunden hat eine von ihnen die Augen aufgemacht und eine Viertelstunde lang aktiv mitgemacht – das ist sehr berührend. Dann weiß ich, dass ich mit meinem Tun Gutes bewirken kann.“

Foto: HJ Greising
Foto: HJ Greising
Foto: HJ Greising

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